»Je weiter die DDR zurückliegt, desto mehr wird gelogen« [1]

So formulierte am 8. Oktober 2022 die Zeitung »junge Welt«.

R

Foto WIKIPEDIA: »Wilhelm Tell weigert sich, den Gesslerhut zu grüssen. Stahlstich von Christian Hoffmeister (1818–1871)«

In Permanenz werden nicht erst seit 33 Jahren Lügen, Unterstellungen und Halbwahrheiten durch Verschweigen von Fakten über das Leben der Menschen in der 1990 einverleibten DDR verbreitet. Dazu gehören scheinheilige Vorwürfe wie DDR-Doping, misshandelte Kinder in DDR-Kinderheimen, DDR-Inobhutnahmen und vermeintliche DDR-Zwangsadoptionen. Das vom Kapital gesteuerte herrschende politische System des BRD-Staates erwartet keinen Widerspruch. Mehr noch. Gefordert wird der Applaus der Bürger für die Delegitimierung des Sozialstaates DDR. Es ist die »moderne« Form des »Gesslerhutes«.

Allein Lügen werden durch ständige Wiederholung nicht zur Wahrheit.

Im vereinten Westen, den NATO-Staaten nimmt die Gleichschaltung der Meinungen der Bürger und deren Ruhigstellung durch kontinuierliche politische und mediale Indoktrination eine dominante Rolle ein. Deutschland gibt dafür das beste Beispiel. Das Denken und Fühlen der Menschen nach Gutdünken der herrschenden Politik zu beeinflussen, ist seit der Gründung der BRD offensichtlich eine zentrale Aufgabe. Die Gleichschaltung der politischen Meinungen zu den Handlungen des kapitalistischen Staates dient dem Machterhalt und der Demoralisierung antikapitalistischer und antiimperialistischer Bewegungen. Gezielt kommen dafür Lügen, Halbwahrheiten durch Verschweigen von Fakten, Denkverbote und Drohgebärden, verbunden mit psychischem Terror zur Anwendung. Kritik am politischen und staatlichen Handeln, am herrschenden bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftssystem, am verkündeten »freiheitlichen Rechtsstaat«, der »freiheitlichen Wertegemeinschaft« und der unsozialen »freien sozialen Marktwirtschaft« des BRD-Staates wird damit aktiv unterbunden und diffamiert. Auf diese Weise kann die öffentliche Meinung in kürzester Zeit verschoben, verändert und politische Prozesse beeinflusst werden. Beleg dafür ist die fast einhellige, einseitige und »parteiliche« Bewertung verschiedenster politischer Ereignisse in Deutschland und der Welt im Sinne der deutschen Kapitalherrschaft durch die etablierten bürgerlichen Parteien und die Medienmonopole. Die vom deutschen Steuerzahler finanzierten »öffentlich-rechtlichen« Sendeanstalten ARD, ZDF und Co. zeigen sich darin besonders »qualifiziert«. Der bundesrepublikanische deutsche Staat sozialisierte mit dieser Methode seit 1949 unzählige »deutsche Michel«. Es sind viele, die träge, bequem und unpolitisch sind, die in Ruhe gelassen werden wollen und die den täglichen Nachrichten-Parolen, ohne selbst nachzudenken, Glauben schenken. Bei den mit dem »Flaggschiff« ZDF über Jahrzehnte vom Kind zum Erwachsenen qualifizierten Deutschen hat die stete, sich wiederholende professionelle Einseitigkeit der Berichterstattung ihre bleibende Wirkung hinterlassen.

Die seit 33 Jahren anhaltende Aufmerksamkeit der 1990 in die BRD einverleibten DDR ist ein äußerst bemerkenswerter Vorgang. Vor allem wenn man weiß, dass eine ganze Reihe von geschichtlichen Ereignissen in Westdeutschland bis heute auf eine korrekte Aufarbeitung warten. Es stellt sich daher die berechtigte Frage nach dem Warum?

Es gibt einen guten Grund dafür, dass die herrschende politische Klasse der Bundesrepublik, ihre bürgerlichen Parteien und deren »investigativen« Medien in der bewährten Tradition des Kalten Krieges nicht müde werden, die Werte und Errungenschaften der sozialistischen Deutschen Demokratischen Republik in vielfältiger Art und Weise zu diskriminieren, zu diskreditieren und zu verleumden.

Die vergangenen Jahrzehnte haben neue Generationen an Bürgern in Deutschland hervorgebracht. Eigene Erfahrungen und damit eigene Erinnerungen an die DDR sind nicht vorhanden. Das Geschichtsbild dieser Menschen muss vorsorglich in die »richtige« Richtung gelenkt werden. Es muss im Sinne der sogenannten »freiheitlichen Wertegemeinschaft« »Kapital-kompatibel« gemacht werden.

In den vierzig Jahren seiner Existenz hat die DDR große sozial-humanistische Leistungen für seine Bürger nachgewiesen, die für den kapitalistischen Staat BRD schier unerreichbar waren und sind. Aber diese sozialhumanistischen Leistungen des sozialistischen Staates DDR zeigen bis heute ihre Überlegenheit gegenüber dem real existierenden Kapitalismus. Ein solches beispielhaftes historisches Bild von der DDR war und ist den Herrschenden darum naturgemäß ein Dorn im Auge.

Die von Lohn, Gehalt, Provision und Rente lebenden Bundesbürger könnten ja die Frage nach adäquater Umsetzung von sozialen Leistungen nach DDR-Vorbild stellen. Also wird der Versuch unternommen, das Image der DDR als wirklicher Sozialstaat mit allen erdenklichen Mitteln zu zerstören. Angesichts der sich stetig zuspitzenden sozialen Katastrophe in Deutschland ist die Indoktrination der eigenen Bürger existenziell. Diese ist eine

»besonders vehemente, keinen Widerspruch und keine Diskussion zulassende Belehrung. Dies geschieht durch gezielte Manipulation von Menschen durch gesteuerte Auswahl von Informationen, um ideologische Absichten durchzusetzen oder Kritik auszuschalten.« (Definition WIKIPEDIA)

 Die Delegitimierung des Sozialstaates DDR durch gezielte Geschichtsklitterung, Lügen, Halbwahrheiten und Desinformationen ist erklärtes Ziel. Dieses Vorgehen dient der Ablenkung von der eigenen menschenverachtenden unsozialen Politik dieses Staates gegenüber dem Proletariat, also eines sehr großen Teiles der von Lohn, Gehalt, Provision und Rente lebenden Bundesbürger.

Die Desinformation durch die bürgerlichen Parteien und deren Staats- und Konzernmedien war hierzulande bereits in der gesamten Zeit der Existenz der DDR geübte Praxis in der BRD und ist es auch nach deren »Ableben« bis heute geblieben.

Hinter dieser massiven Massenmanipulation stehen also handfeste politische Interessen der Herrschenden. Die politischen Vertreter des Kapitals greifen dafür immer wieder auf einen ganzen Katalog ausgewählter beliebter Themen zurück. Vor allem aber auf die Schlagworte:

  1. DDR-Staatsdoping
  2. Gewalt und Vernachlässigung in DDR-Kinderheimen und
  3. »Inobhutnahme und vermeintliche Zwangsadoptionen.

1. Mit dem »Dopinggegner und profunden Kenner des DDR-Sports, Henner Misersky« führte die »junge Welt« am 8. Oktober 2022 ein Interview. Hier ein aufschlussreicher Auszug aus diesem Gespräch.

»Die FAZ widmete Ihnen Mitte des Jahres einen polemischen Kommentar, weil Sie in einem Interview gesagt hatten, die Aufarbeitung von DDR-Doping ergebe keinen Sinn mehr. Also Schwamm drüber?

Keinesfalls. Die Frage ist nur, wie aufgearbeitet wird und werden sollte. Meine Aussage bezog sich auf die aus meiner Sicht intransparente Arbeitsweise des Vereins Doping-Opfer-Hilfe (DOH, jW) und die ungenügenden Differenzierungen bei der Anerkennung von echten Dopingopfern und deren Ansprüchen auf Entschädigung. Die nach DOH-Beratung erfolgenden Anerkennungsverfahren haben es Trittbrettfahrern leichtgemacht. Meine Aussage bezieht sich ebenso auf Medien, die auf einem Auge blind sind, wie auf Verflechtungen mit der sogenannten steuerfinanzierten Aufarbeitungsindustrie, um alles zu delegitimieren, was den DDR-Sport betrifft. Das alles sieht meines Erachtens wie eine Art politisch gewollte Kultivierung von diktaturbelasteten Gruseleffekten mit der Konzentration auf den Sport aus. Das Thema Stasi ist weitgehend durch, doch der Sport ist allgegenwärtig und wird gern als Gegenstand für einseitige Betrachtungen benutzt. Ich beobachte immer wieder Gesprächsrunden, die sich in diesem Sinne wiederkäuend bestätigen. Da fehlt mir der fundierte Widerspruch im Systemvergleich. Je weiter die DDR zurückliegt, desto mehr wird auch gelogen. Unter dem Dach des DOH, und besser noch außerhalb davon, könnte reichlich Aufklärung und Aufarbeitung geleistet werden, falls ein echter Wille dazu vorhanden wäre. Den kann ich nicht erkennen.

Das heißt, Sie sind vorsätzlich missverstanden worden?

Natürlich, ganz gezielt. Das hat Methode, und dieser Kommentar erschien dann umgehend im Pressespiegel der Union der Opferverbände kommunistischer Gewaltherrschaft. Diesem Verein gehört auch der DOH an. Da zeigte sich auch gleich, wie medial selektiert wird. Mein vorangegangenes Interview im Nordkurier und somit die Originalquelle, auf die sich der FAZ-Kommentar bezog, wurde glatt unterschlagen. Im selben Fahrwasser bewegte sich jüngst die NZZ mit ihrer aberwitzigen Verdächtigung, bei Miserskys in Thüringen hätte es »Familiendoping« gegeben, auch meine Frau Ilse (1961 DDR-Meisterin über 800 Meter, jW) sei dopingbelastet. Akten aus Schwerin könnten das belegen. Wie dieses Archiv inzwischen bestätigte, ist das eine Falschbehauptung. Das Gerede vom flächendeckenden Doping in der DDR, das es so gar nicht gegeben hat, soll damit immer wieder neue Nahrung erhalten.

… das es so nicht gegeben hat?

Es gab keinen staatlichen Zwang. Erziehungsberechtigte in der DDR mussten ihre Kinder nicht zwangsweise in die Trainingszentren oder auf eine Kinder- und Jugendsportschule schicken. Jeder konnte »Nein« sagen. Jeder konnte genauso ablehnen, SED-Mitglied zu werden. Deswegen wurde niemand inhaftiert. Es ist eine dieser bewussten dramatisierenden Übertreibungen, wenn Anne Drescher, die Landesbeauftragte in Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, in einer Broschüre »Staatsdoping in der DDR« im Pingpong mit der ehemaligen DOH-Vorsitzenden Ines Geipel unwidersprochen behaupten darf, etwa 15.000 minderjährige Leistungssportler der DDR wurden in großem Umfang ohne Aufklärung und ohne Einverständnis der Eltern in das organisierte Doping einbezogen. Das klingt, als hätten 30.000 Elternteile keinerlei Entscheidungbefugnisse gehabt. Ebenso irre und aberwitzig ist Geipels Aussage im Schweizer Fernsehen, für jede Goldmedaille, die DDR-Athleten errangen, seien zwischen einhundert und 500 Sportler »chemisch verbrannt« worden. Ihre Zahlen variieren da. Wer dem widerspricht, bekommt Probleme.«[2]

2. Wie die Geschichte beweist, zeigen sich die vom deutschen Steuerzahler finanzierten »öffentlich-rechtlichen« Sendeanstalten ARD, ZDF und Co. besonders aktiv, die verflossene DDR zu delegitimieren. Dabei gab es über Jahrzehnte ausreichende Gründe, vor der eigenen Tür zu kehren.

Erst als der mit der Aufklärung der Verbrechen an den Kindern der »Regensburger Domspatzen« beauftragte Rechtsanwalt Ulrich Weber am 19. Juli 2017 seinen 440 Seiten umfassenden Abschlussbericht vorlegte, war das Schweigen kurzzeitig gebrochen. Eine gravierende Aussage im Weber-Bericht über betroffene ehemalige Schüler der Regensburger Einrichtung schockiert bis heute. Diese bezeichneten ihre Zeit bei den »Regensburger Domspatzen« als »Gefängnis, Hölle und Konzentrationslager.«

Rechtsanwalt Ulrich Weber: »Dieser Bericht untersucht die Vorfälle von Gewaltausübung durch Erziehungspersonal an Schülern der Regensburger Domspatzen im Zeitraum von 1945 bis 2015 […] Insgesamt 547 ehemalige Domspatzen-Schüler wurden mit hoher Plausibilität als Opfer körperlicher Gewalt (500) und/oder sexueller Gewalt (67) eingeordnet. Verantwortlich für die begangenen Taten sind 49 als hoch plausibel eingestufte Beschuldigte, von denen 45 körperliche Gewalt und 9 sexuelle Gewalt ausübten«. [3]

Die weitere öffentliche Resonanz von Politik und Medien auf diese Veröffentlichung fiel eher bescheiden aus und war nach kurzer Zeit völlig abhandengekommen.

2012, also 22 Jahre nach der Einverleibung der DDR in die BRD, geriet das Thema Missbrauch von Kindern in der DDR massiv in das Blickfeld der nimmermüden westlichen »Aufarbeiter« der DDR-Geschichte. Warum?

Das war genau zu jenem Zeitpunkt, als in der BRD bekannt wurde,

»dass ca. 800.000 Mädchen und Jungen […] (in der BRD bis in die siebziger Jahre) in Heimen leben mussten, die zum Typus der Totalen Institutionen (Goffman 1967) gehörten.«

In dieser prekären entlarvenden Situation für den BRD-Staat und seine Staats- und Konzernmedien musste Ablenkung her. Das Ergebnis sind die immer wiederkehrenden Schauermärchen über die DDR-Kinderheime.

Zur Situation in den BRD-Heimen für Kinder und Jugendliche und wie und wer dorthin gelangte, hier ein Zitat aus dem lesenswerten Vortrag »Anvertraut und ausgeliefert« vom Erziehungswissenschaftler, Prof. Dr. Manfred Kappeler. Sein Vortrag wurde am 8. Juni 2014 öffentlich. Nachvollziehbarer Weise spielten und spielen die darin genannten Fakten in den Staats- und Konzernmedien hierzulande kaum eine Rolle. Vor allem die vom deutschen Steuerzahler finanzierten »öffentlich-rechtlichen« Sendeanstalten ARD, ZDF und Co. blicken lieber in die verflossene DDR. Hier die Fakten von Prof. Dr. Manfred Kappeler über das Leben von BRD-Kindern in Heimen:

»In den Heimen der Jugendhilfe (damals Jugendfürsorge) […] (wurden Kinder und Jugendliche zu) Ausgelieferten, die keine Chance hatten, sich gegen die ihnen zugefügte Erniedrigung, Unterdrückung und Ausbeutung zu wehren. Es gab keine Instanz, keine Person die ihnen zugehört oder gar geglaubt hätte. […]

  • Die mit den zentralen Grundlagen eines demokratischen und sozialen Rechtsstaates in krassem Widerspruch stehenden Zustände in der Heimerziehung waren der Fachöffentlichkeit und der Kinder- und Jugendpolitik zu jedem Zeitpunkt der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte bekannt. […]
  • Staatliche und kirchliche Träger der Jugendhilfe betrieben also in großem Umfang verbotene Kinderarbeit. […]
  • Ein erheblicher Teil von ihnen wurde ohne Volksschul- bzw. Hauptschulabschluss aus der Heimerziehung entlassen. […]
  • Dass sehr viele ehemalige Heimkinder heute in Altersarmut leben müssen und auf Grundsicherung bzw. ALG II angewiesen sind, ist darauf zurückzuführen. […]
  • Bei Tausenden Kindern wurden die durch die Heimerziehung hergestellten Hospitalismusschäden umgemünzt in Scheindiagnosen von erblich bedingtem Schwachsinn, Lernbehinderungen, Schwererziehbarkeit etc. Die Kinder wurden zwischen Heimen der Jugendhilfe, der Psychiatrie und Einrichtungen für behinderte Kinder hin und her geschoben und viele von ihnen wurden als bildungsunfähig etikettiert. Diese Stigmatisierung haftet ihnen ein ganzes Leben an. […]
  • Kinder und Jugendliche wurden nicht erst hinter den Türen der Heime zu entrechteten Opfern von demütigender Willkür und Gewalt. Solche Erfahrungen mussten sie schon während der ganzen Prozedur machen, an deren Ende die Unterbringung stand.
  • Eine immer von Heimerziehung bedrohte große Gruppe waren unehelich geborene Kinder, die besonders in religiös bestimmten Milieus von vornherein als Kinder der Sünde von gefallenen Mädchen und Frauen diskriminiert wurden. Diese Kinder standen als Amtsmündel von Geburt an unter der Aufsicht des Jugendamtes und des Vormundschaftsgerichtes. […]
  • Sehr viele dieser Kinder wurden unmittelbar nach ihrer Geburt von ihren Müttern getrennt und in Säuglings- und Kleinkinderheime gebracht, in denen ihr Anteil immer zwischen 70 % bis 80 % schwankte. In den Heimen für Schulkinder und Jugendliche stellten sie immer eine große Gruppe. Ihr Schicksal in den zu 70 % von den Kirchen bzw. ihren Orden und Wohlfahrtsverbänden betriebenen Heimen, in denen als ErzieherInnen Nonnen, Ordensbrüder, Diakonissen und Diakone arbeiteten, die zum großen Teil keine Fachausbildung hatten, war besonders bedrückend, da sie zusätzlich noch unter der nie endenden Diskriminierung als Hurenkinder und Kinder der Sünde leiden mussten und ihre Mütter, von denen sie strikt ferngehalten wurden, von den religiösen ErzieherInnen als unkeusche Flittchen deren sündiges Erbe sie in sich trügen, verteufelt wurden. Diese Kinder waren der Willkür der Jugendämter, die leider durch die Vormundschaftsgerichte nicht gestoppt und kontrolliert wurden, schutzlos ausgeliefert und wurden in die Heime regelrecht entsorgt, wo sie ein besonderes Schattendasein führten. Sie hatten i. d. R. überhaupt keinen Anschluss an eine Herkunftsfamilie, wussten oft nichts über ihre Herkunft, und konnten sich auf Grund ihrer kompletten Heimsozialisation gegen die Willkür des Heimpersonals noch weniger wehren als andere Kinder und Jugendliche.
  • (Ein ehemaliges Heimkind) berichtet aus eigener Erfahrung: ›1964, ich war gerade 14 Jahre, entschied ein Gericht in Bayern, dass ich in einem geschlossenen Mädchenerziehungsheim untergebracht werden soll. Ich selbst war die Letzte, die darüber informiert wurde. Ich erfuhr erst davon, als ich von zu Hause abgeholt wurde. […] Ich fühlte mich hilflos, machtlos und allein gelassen […]. Eines morgens […] kam eine Mitarbeiterin des für mich zuständigen Jugendamtes, um mich abzuholen. […] Ich wurde abgeholt und wusste nicht einmal wohin die Reise ging. […] Ich wurde der Oberschwester des von Diakonissen geführten Heimes übergeben wie ein Paket. […] Dann fiel die Türe hinter mir ins Schloss und ich war gefangen in einer Erziehungsanstalt.« [4]

Auch in diesem Fall war die öffentliche Resonanz von Politik und Medien nach kurzer Zeit völlig abhandengekommen. Aber bezüglich der Deutschen Demokratischen Republik war und ist das anders.

Die ARD-Tagesschau als Teil des vom Bundesbürger finanzierten staatlichen Sprachrohrs fühlte sich auch am 6. März 2019, 15.00 Uhr und 20.00 Uhr, wieder einmal genötigt, an der permanenten DDR-Verteufelung zu arbeiten. [5]
Das Titelthema lautete:

»Sexueller Kindesmissbrauch in der DDR lange totgeschwiegen«.

Grundlage dafür bot eine nach eigenen Angaben, »nicht repräsentative« Fallstudie. Die Grundaussage der breit ausgewalzten Sendungen:

»Missbrauch an Kindern ist in der DDR weitaus stärker und länger tabuisiert worden als im Westen.«

Diese Aussage ist grundsätzlich falsch. Wie die Verbrechen an den »Regensburger Domspatzen« beweisen, war im Westen Deutschlands das Thema Kindesmissbrauch noch bis 2017 völlig tabu. Über 70 Jahre lang wurde der eigene verkommene und kriminelle Umgang mit Kindern nicht aufgearbeitet und bewältigt. Die Aussage, dass der »Missbrauch an Kindern in der DDR weitaus stärker und länger tabuisiert worden (ist) als im Westen«, kann nur als eine Verhöhnung der bis heute davon betroffenen Bundesbürger gewertet werden.

Die unermüdlichen »Aufklärer« in Sachen angeblichen Kindesmissbrauchs in der DDR gaben »natürlich« nicht auf. Fünf Jahre später, am 20. März 2023, »informierte« die »ARD-Tagesschau« im nachhaltig anklagenden Ton über die

»Studie zu DDR-Kinderheimen: Gewalt und Vernachlässigung im Heim« [6]

Zitat: »Eine halbe Million Kinder und Jugendliche waren in DDR-Heimen untergebracht. Laut einer Studie unter Federführung der Universität Leipzig wurden knapp 70 Prozent von ihnen körperlich misshandelt. 54 Prozent der Befragten sprachen von sexuellem Missbrauch. Viele ehemalige Bewohner von DDR-Kinderheimen leiden bis heute unter den Folgen von Gewalt und Vernachlässigung. Das ist das Ergebnis einer Studie des Forschungsverbundes Testimony, der unter Federführung der Universität Leipzig die Erfahrungen Betroffener in vier Teilprojekten untersucht hat.«

Gleichzeitig wird zu den erhobenen Vorwürfen über das Leben in DDR-Kinderheimen nachfolgend fast entschuldigend festgestellt:

»Wichtig ist aber auch, dass es auch Zeitzeugen gibt, die keine negativen Erfahrungen berichtet haben

So gehört es hierzulande auch zur Selbstverständlichkeit, dass es bezüglich von Entschädigungsleistungen gezielt zweierlei Bewertungen für »Ost« und »West« durch den BRD-Staat gibt.

Spiegelbild dafür waren und sind die Entscheidungen von deutschen Bundesregierungen.

  • Für die etwa 800 000 betroffenen ehemaligen Heimkinder der BRD, von denen sehr viele gedemütigt, misshandelt und missbraucht wurden, standen vom BRD-Staat 2015 etwa 120 Millionen Euro als Entschädigung zur Verfügung. Ehemalige Heimkinder aus BRD-Kinderheimen müssten allerdings verbliebene gesundheitliche Schäden nachweisen und um ihre finanzielle Entschädigung kämpfen.
  • Für die etwa 495 000 ehemaligen Kinder und Jugendliche, die in Heimen der DDR aufwuchsen, beschloss die Bundesregierung am 25. Februar 2015 die Aufstockung des Fonds »Heimerziehung in der DDR« von bis dahin 40 auf 364 Millionen Euro.

Zum festgelegten Stichtag, den 30. September 2014, hatten sich rund 27 500 ehemalige Heimkinder der DDR gemeldet. Sie brauchten im Gegensatz zu den ehemaligen Heimkindern der BRD keine Nachweisführung über etwaige verbliebene Schäden durch vermeintlich erlittene Willkür in Heimen. Warum wohl? Dieses Vorgehen des BRD-Staates lenkt den Fokus der Öffentlichkeit weit weg vom eigenen Staatsversagen auf die DDR und soll ausschließlich deren Ansehen ruinieren.

3. Eines der Themen für die praktizierte Indoktrination der eigenen Bürger ist zum Beispiel der immer wiederkehrende empörte Vorwurf der »Inobhutnahme« und der vermeintlichen Zwangsadoption von Kindern in der DDR. 

»FOCUS online« vom 7. Januar 2014:

»Zwangsweise adoptiert – Wie die DDR das Leben ihrer Kinder zerstörte. […] Irgendwann trennte eine DDR-Behörde Kinder von Eltern gegen ihren Willen und ohne ihnen mitzuteilen, wo ihre Kinder danach aufwuchsen. […] Die Behörden in der DDR nahmen Republikflüchtlingen das Erziehungsrecht für ihre Kinder.« [7]

»Frontal 21« des ZDF titelte am 29. November 2016:

»Zwangsadoptionen in der DDR – Gestohlene Kinder […] Stellen Sie sich vor, der Staat stiehlt Ihnen die Familie. Das ist in der DDR geschehen. Wer nach Einschätzung der Behörden nicht in der Lage war, die Kinder zu sozialistischen Persönlichkeiten zu erziehen, dem wurden sie genommen.« [8]

Ein selbst ernannter »Experte« für DDR-Angelegenheiten vom Forschungsverbund SED-Staat der Freien Universität Berlin konstatierte in dieser Sendung:

»Irgendwelche Auffälligkeiten, die natürlich vom Staat oder der Partei definiert sind, werden gemeldet. Das heißt, die Kinder werden im Kindergarten schon beobachtet in ihren Leistungen, in ihrem Sozialverhalten, und so weiter. Und es fällt relativ schnell auf, wenn da was im Sinne der Partei schiefläuft. […] Leider beschäftigt uns das bis heute. Denn diese Adoptionen gegen den Willen der Eltern in der DDR sind nicht im Einigungsvertrag als schwere Menschenrechtsverletzung festgeschrieben worden. Das heißt, es gibt für die Mütter, meistens sind es die Mütter, die ihre Kinder suchen, keinen legalen Weg diese Kinder wieder aufzufinden.« 

Mit solchem »Expertenwissen« ausgerüstet, befindet sich das mit Steuermitteln der Bürger finanzierte Staatsfernsehen der BRD in guter Gesellschaft mit den Konzernmedien.

Hinter diesen anklagenden Zitaten verbergen sich neben den bereits genannten Attributen eine gravierende Doppelmoral und eine grenzenlose Ahnungslosigkeit über das wahre Leben im Sozialismus der DDR. Beliebte Bezugspersonen und Gesprächspartner, also »Experten«, für die redaktionellen Beiträge der offiziösen bundesrepublikanischen Medien, finden sich dann selbstverständlich nicht bei den Vertretern der politischen Kräfte der ehemaligen DDR. Auch nicht bei jenen, die 1989 eine Erneuerung des Sozialismus im Sinne hatten und die eine bloße Einverleibung der DDR in die bestehende BRD ablehnten.

Es gibt in der deutschen Geschichte bekanntlich keinen anderen Staat, der den jüngsten Bürgern der Gesellschaft, den Kindern und Jugendlichen so viel Aufmerksamkeit und Zuwendung entgegenbrachte wie die DDR. Hunger und Elend war deshalb für die Kinder und Jugendlichen in der DDR ein Fremdwort. Der sozialistische Staat sah sich in der Verantwortung für seine Bürger und insbesondere für die schwächsten Glieder der Gesellschaft, »seine« Kinder. Ein Beispiel von vielen sei hier genannt.

Der Ministerrat der DDR beschloss 1984 eine

»Verordnung über die Verbesserung von Leistungen nach der Geburt des dritten und jedes weiteren Kindes und für verheiratete werktätige Mütter mit drei und mehr Kindern bei Pflege erkrankter Kinder« und die »Dritte Verordnung über die Gewährung von Krediten zu vergünstigten Bedingungen an junge Eheleute.«

Gegenstände dieser Verordnungen zur Unterstützung und Förderung von Familien mit drei und mehr Kindern waren u. a.:

  • Vorrangige Bereitstellung von Wohnraum, insbesondere von Neubauwohnungen;
  • bevorzugte Bereitstellung von (kostenlosen) Vorbeugungs- und Heilkuren und Schaffung von Voraussetzungen zur Ermöglichung solcher Kuren durch die Betriebe und örtlichen Räte;
  • bevorzugte Bereitstellung von Plätzen in Kindereinrichtungen und Erholungseinrichtungen;
  • finanzielle Zuwendungen durch die örtlichen Räte zum Erwerb von Kinderbekleidung, zur Einschulung, für Kinderferienlager und Jugendweihe;
  • kostenlose oder preis ermäßigte Schüler und Kinderspeisung sowie kostenlose Abgabe von Trinkmilch;
  • Eintrittsermäßigung bei kulturellen und Sportveranstaltungen;
  • Erlass der gesamten Kreditsumme über 5.000 Mark der DDR für junge Eheleute bei Geburt des dritten Kindes.

Von solch einem adäquaten Verhalten des BRD-Staates, bei dem Klientelpolitik für das Kapital damals wie heute im Zentrum der Aufmerksamkeit steht, können die bedürftigen Eltern und deren Kinder hierzulande allerdings nur träumen.

Bedauerlicherweise gab es auch in der DDR Eltern, die trotz großer finanzieller, materieller und moralischer Unterstützung aus den verschiedensten persönlichen Gründen nicht in der Lage waren, das körperliche, geistige oder seelische Wohl ihres Kindes zu gewährleisten.

Neben der umfangreichen vorbeugenden materiellen, finanziellen und menschlichen Hilfe des Staates für diese Familien gab es nach gründlicher Prüfung in begründeten Fällen auch eine notwendige Übertragung des Erziehungsrechtes auf dritte Personen oder die Einweisung in ein staatliches Erziehungsheim. Klarzustellen ist aber: nicht »irgendwann trennte eine DDR-Behörde Kinder von Eltern«, sondern nachdem alle vorbeugende mögliche Hilfe durch die sozialistische Gesellschaft nicht wirksam war.

Dafür zuständig war auch nicht »(irgend)eine DDR-Behörde«, sondern die dafür vorgesehenen Jugendgerichte und die Abteilung Jugendhilfe bei den Räten der Kreise. Grundlage für jegliche derartigen Entscheidungen war das geltende sozialistische Recht der DDR.

Unter anderem betraf die Entziehung des Erziehungsrechtes auch Eltern, die eine Republikflucht und damit ihr eigenes persönliches individuelles egoistisches Interesse vor das Wohl ihrer Kinder stellten. Diese Eltern ließen ihre leiblichen Kinder (manche sogar im Kleinstkindalter) bewusst allein in der DDR zurück, obwohl ihnen der darauf folgende Verlust des Erziehungsrechtes klar sein musste. Diese Konsequenz nahmen die abtrünnigen »Eltern« auf ihrem Weg in die »große Freiheit« billigend in Kauf. Diesen Müttern und Vätern war allerdings auch »beruhigend« bewusst, dass sie sich auf die solide soziale Basis der DDR verlassen konnten – und mit dieser Erkenntnis überließen sie es dem DDR-Staat, ihre leiblichen Kinder groß zu ziehen.

Der DDR vorzuwerfen, sie habe mit dem Entzug des Erziehungsrechtes bei Eltern, die ihrer Pflicht für das körperliche, geistige oder seelische Wohl ihres Kindes zu sorgen, nicht nachkamen, »das Leben ihrer Kinder zerstört« oder diese gar »gestohlen« ist nicht nur schäbig, sondern mehr als scheinheilig.

Interessant ist deshalb, wie der Machtapparat der Bundesrepublik Deutschland den Entzug des Erziehungsrechts bis heute handhabt, vor allem die deutsche Justiz. Und auf welcher rechtlichen Grundlage?

Zur Abwehr von Gefahren für das Kindeswohl ist der Sorgerechtsentzug im § 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) der BRD geregelt. Dort heißt es:

»(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind. […]

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere […]

3. Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,

4. Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,

5. die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,

6. die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.«

Die im Punkt 6 geregelte

»vollständige Entziehung der elterlichen Sorge«

erfolgt dem Anlass entsprechend,

»gegen […] (den) Willen«

der Eltern und führt in der Regel auch zur totalen Trennung zwischen  leiblichen Eltern und deren Kindern. Diese Trennung erfolgt in der Praxis, Zitat:

»ohne ihnen (den Eltern) mitzuteilen, wo ihre Kinder danach«

aufwachsen werden.

Pressemitteilungen des Statistischen Bundesamtes der BRD:

»Pressemitteilung Nr. 262/14 vom 25. Juli 2014«:

»Im Jahr 2013 haben die Jugendämter in Deutschland 42 100 Kinder und Jugendliche in Obhut genommen. Das waren gut 1 900 Minderjährige (+5 %) mehr als 2012. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) im Juli 2014 weiter mitteilt, hat die Zahl der Inobhutnahmen in den letzten Jahren stetig zugenommen, gegenüber 2008 (32 300 Inobhutnahmen) stieg sie um 31 %.« [9] 

Zwei Jahre später veröffentlichte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden die »Pressemitteilung Nr. 268 vom 02. August 2016«:

»Im Jahr 2015 hat die Zahl der Minderjährigen, die aufgrund einer unbegleiteten Einreise aus dem Ausland in Obhut genommen wurden, erheblich zugenommen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, kamen 2015 rund 42 300 Kinder und Jugendliche ohne Begleitung einer sorgeberechtigten Person über die Grenze nach Deutschland, das waren fast 30 700 Minderjährige oder 263 % mehr als im Vorjahr.« [10]

»Pressemitteilung Nr. 315 vom 27. Juli 2022«.

»Im Jahr 2021 haben die Jugendämter rund 47 500 Kinder und Jugendliche zu ihrem Schutz vorübergehend in Obhut genommen. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, waren das knapp 2 100 Fälle oder 5 % mehr als im Vorjahr. […] 2021 (wurden) insgesamt rund 28 500 Inobhutnahmen (60 %) wegen dringender Kindeswohlgefährdungen, knapp 11 300 nach unbegleiteten Einreisen (24 %) und gut 7 700 (16 %) aufgrund von Selbstmeldungen durchgeführt. […] Im Kindesalter standen im Jahr 2021 andere Gründe für eine Inobhutnahme im Vordergrund als im Jugendalter. Knapp 20 200 (42 %) aller in Obhut genommenen Jungen und Mädchen waren 2021 unter 14 Jahre alt, also noch im Kindesalter. In gut der Hälfte dieser Fälle war der Anlass der Inobhutnahme die Überforderung der Eltern (53 %). Eine besondere Bedeutung kam bei den Kindern auch dem Schutz vor Vernachlässigung (26 %) und vor körperlichen (18 %) sowie psychischen Misshandlungen (12 %) zu.« [11]

Die Indoktrination der deutschen Bundesbürger besteht also vor allem darin, dem DDR-Staat ein Verhalten vorzuwerfen, das die BRD selbst täglich praktiziert, aber gleichzeitig denen gegenüber offensichtlich im Dunklen hält. Vertuscht wird damit auch ganz bewusst, dass es permanent und zunehmend die soziale Bedrängnis im kapitalistischen System ist, welche die Eltern in Deutschland daran hindert, das »körperliche, geistige oder seelische Wohl (ihres) Kindes« sicherstellen zu können!

Jürgen Heidig

Quellen:

[1] Quelle: www.jungewelt.de/artikel/436245.sportpolitik-je-weiter-die-ddr-zurückliegt-desto-mehr-wird-gelogen.html. Aufgerufen am 8. Oktober 2022.

[2] Ebenda.

[3] »HINSEHEN ZUHÖREN ANTWORTEN, Vorfälle von Gewaltausübung an Schutzbefohlenen bei den Regensburger Domspatzen«. Untersuchungsbericht, Ulrich Weber/Johannes Baumeister, 18. Juli 2017. Quelle: http://uw-recht.org/fileadmin/user_upload /Abschlussbericht_Domspatzen.pdf. Aufgerufen am 19. Juli 2017.

[4] Vortrag Erziehungswissenschaftler Manfred Kappeler, Veröffentlicht am 8. Juni. 2014, Quelle:  http:// www.veh-ev.eu/ home/ vehevinf/public_html/uncategorized/prof-dr-manfredkappeler-anvertraut-und-ausgeliefert/. Aufgerufen am 9. Juni 2014.

[5] Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/kindesmissbrauch-ddr-103.html. Aufgerufen am 6. März 2019.

[6] Quelle: www.tagesschau.de/inland/ddr-kinderheime-gewalt-101.html. Aufgerufen am 20. März 2023.

[7] »FOCUS online«, »Zwangsweise adoptiert – Wie die DDR das Leben ihrer Kinder zerstörte« vom 7. Januar 2014. Quelle: http://focusonline.co/1eiqvpB. Aufgerufen am 11. Juli 2014.

[8] »Frontal 21«, »Zwangsadoptionen in der DDR – Gestohlene Kinder«. Sendung vom 29. November 2016, 21.00 Uhr.

[9] »Statistische Bundesamt«, »Pressemitteilung Nr. 262/14 vom 25. Juli 2014«.

[10] »Statistische Bundesamt«, »Pressemitteilung Nr. 268 vom 02. August 2016«.

[11] »Statistische Bundesamt«, »Pressemitteilung Nr. 315 vom 27. Juli 2022«. Quelle: www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/07/PD22_315_225.html. Aufgerufen am 22. März 2023.

Neuerscheinung 2022

IMG_20220224_094445 cx

ISBN 978-3-00-071471-9. 24. Februar 2022, 275 Seiten, Preis 11,80 EURO. In Ihrer Buchhandlung und überall, wo es Bücher gibt. Oder beim Autor direkt: autor-und-verlag-heidig@gmx.de. Bezahlung nach Lieferung und Rechnungslegung. Preis zuzüglich Versandkosten.

Alle Angebote des Autors finden Sie im Buchladen.

♣♣♣

8 Gedanken zu “»Je weiter die DDR zurückliegt, desto mehr wird gelogen« [1]

  1. Pingback: DDR - Unterricht

  2. Es folgt ein Original-Beitrag aus der »jungen Welt« vom 4. April 2023:
    *
    In Obhut sadistischer Bibelschwestern
    Erinnerung an sechs kalte, hungrige Wochen in einem katholischen Kinderkurheim Anfang der 1960er Jahre
    Jürgen Heiser

    Mein Reisegepäck war ein kleiner karierter Leinenkoffer. Gegen Abend brachten mich meine Eltern zum Düsseldorfer Hauptbahnhof. Das war Anfang der 1960er Jahre, ich war neun Jahre alt, und hatte sicher keine Ahnung, wohin es ging. In den dunkelgrünen Zugwaggons mit den Viererbänken füllten sich die Gepäcknetze mit Koffern und grauen Wanderrucksäcken. Wir Kinder kannten einander nicht, auch die Betreuerinnen blieben uns fremd. Wir wussten nur, dass wir zur »Erholung« verschickt wurden. Kindern wurde nichts erklärt. Mein Vater, Straßenbahnfahrer bei der Rheinbahn, war froh, seinen Jüngsten über das Sozialprogramm seines Betriebs sechs Wochen ins Allgäu schicken zu können. »Du sollst endlich mal lernen, deinen Teller leer zu essen«. Ich war mäkelig und ein dünner Hering. Und ich hoffte, die »Erholung« wäre für mich auch so eine Art FDJ-Ferienlager, wovon mir in den Sommerferien bei meiner Oma nahe Karl-Marx-Stadt meine dortigen Freunde abenteuerliche Geschichten erzählten.

    Stundenlang zog uns die schnaufende Dampflok über ratternde Schienen. Bald war es dunkel, wir waren müde, fanden aber im Sitzen keinen Schlaf. Dann blieb der Zug lange stehen. »Göppingen« stand auf dem Bahnsteigschild. Nie gehört. Die Heizung ging aus. Wir froren, hatten nur dünne Jacken, waren hundemüde. Plötzlich ruckelte der Zug wieder los und lief Stunden später im Bahnhof von Kaufbeuren ein.

    Ein Bus brachte uns zum Heim. Die Betreuerinnen verschwanden ohne Abschied. Ordensschwestern übernahmen das Kommando. Zunächst wurden auch wir, die 8-12jährigen, im »Zwergenhaus« der Kleinsten untergebracht. Unsere Zimmer im Haupthaus waren noch belegt. Nachts wurde ich wach. Meine Zudecke war weg. Es war dunkel im Schlafsaal, keine Schwester in der Nähe. Frierend schlief ich ohne Zudecke wieder ein.

    Dieser Auftakt brachte die neue Umgebung auf den einfachen Begriff: Kälte. Mit dem Heim und den Schwestern wurde ich nie warm. Am Morgen hielt uns die katholische Oberschwester des »Kinderkurheims Maria Theresia« einen Vortrag über die Hausordnung. Zucht und Ordnung waren ab jetzt die Maxime.

    Erholung? Es wurde entweder gegessen, was auf den Teller kam. Notfalls bis zum Erbrechen. Oder es gab Essensentzug als Strafe. Ich hatte immer Hunger. Kindlichen Übermut empfanden die Schwestern meist als »ungezogen« und reagierten mit urplötzlichen Züchtigungen. Der zweistündige Bettzwang am Mittag wurde mit Ohrfeigen durchgesetzt. Oder es gab langen Stubenarrest. Bettnässer wurden vor den anderen Kindern bloßgestellt und erniedrigt. Angst und Schrecken waren unser alltäglich’ Brot unter der Obhut sadistischer Bibelschwestern. Post nach Hause wurde zensiert. »Mama und Papa sollen nur Schönes zu lesen bekommen«, hieß es. Die Schwester zerriss meine Karte und diktierte den Text für die neue Ansichtskarte. Beide wurden vom Taschengeld abgezogen. Das ständige Gefühl des Ausgeliefertseins erzeugte ein furchtbares Heimweh, und im Innern wuchs eine stille Wut, »es denen heimzahlen« zu wollen.

    Unsere Koffer wurden am Ende unter strenger Aufsicht gepackt. Alles wurde durchsucht. Als in meiner Trainingshose ein winziges Teil von einem kaputten Hubschrauber gefunden wurde, hieß es empört: »Du stiehlst ja! Das wird gemeldet!« Nach der sechswöchigen Tortur fiel meinen erschreckten Eltern im Heimatbahnhof ein schluchzendes Kind in die Arme. Die Beschwerde meines Vaters im Betrieb über das Kinderkurheim lief ins Leere.

    Den Artikel finden Sie unter: https://www.jungewelt.de/artikel/448218.zucht-und-ordnung-statt-erholung-in-obhut-sadistischer-bibelschwestern.html

    (c) Junge Welt 2023

    https://www.jungewelt.de

    Gefällt 1 Person

  3. Es folgt ein Original-Beitrag aus der »jungen Welt« vom 4. April 2023:
    *
    Lang vergessenes Leid
    »Verschickungskinder« in der BRD: Verein kämpft bis heute für Aufarbeitung traumatischer Erlebnisse seit den 1950er Jahren
    Jürgen Heiser

    Seit mehr als vier Jahren ringen Menschen, die in der Bundesrepublik vor Jahrzehnten in sogenannte Kinderkurheime verschickt wurden, mit offiziellen Stellen darum, dass ihre zum Teil dramatischen Erfahrungen als »Verschickungskinder« zur Kenntnis genommen werden. Was in der deutschen Westrepublik für Eltern und medizinisches Personal von 1950 bis in die 1990er Jahre als probates Mittel erschien, den Nachwuchs aufzupäppeln, wird noch heute von vielen längst Erwachsenen in ihrer Erinnerung als existenzielle Pein durchlitten.
    Aufarbeitung ausgebremst

    Anja Röhl, die Vorsitzende des Vereins Aufarbeitung und Erforschung Kinderverschickung (AEKV) e. V., wies gegenüber junge Welt darauf hin, dass auf Länderebene schon vereinzelte Erfolge in der Kenntnisnahme durch Politik und Medien zu verzeichnen seien. Schwer tue sich hingegen die Bundesregierung mit diesem Thema. »Unsere Forderungen nach Anerkennung unseres Leids und Unterstützung unserer ehrenamtlichen Aufarbeitungsleistungen sowie die Einrichtung einer bundesweiten ›Unabhängigen Kommission Aufarbeitung Kinderverschickung‹ werden von einem Ministerium ins andere verschoben, vom Bund in die Länderverantwortlichkeit«, erklärte die Journalistin und Sonderpädagogin. »Mit anderen Worten: Wir werden hingehalten.« Eine bundesweite Unterstützung der seit 2019 ehrenamtlich geleisteten Aufarbeitung des verbreiteten gesellschaftlichen Problems sei längst überfällig.

    Um diese Situation aufzubrechen, lädt die Gruppe Verschickungskinder nun für den 19. April alle Betroffenen von Kinderverschickung zu einer »Aktion Kinderkoffer« nach Berlin ein. Sie soll direkt auf dem Platz vor dem Bundeskanzleramt stattfinden. Dem Aufruf zufolge dient der Termin dazu, Aufmerksamkeit auf das »Trauma Verschickung« zu lenken und gemeinsam die rund 43.000 Unterschriften einer Petition zu übergeben, mit denen die »dringend nötige bundesweite Aufarbeitung« unterstützt wird. Während dieser Aktion soll »ein Ring von kleinen Kinderkoffern, zusammen mit Grabkerzen in einen Kreis gestellt« werden, »um den herum sich Betroffene und sie unterstützende Menschen bei den Händen nehmen, gemeinsam schweigen sowie leise oder laut die Lieder der Verschickung singen«. Die Grabkerzen seien als Symbol »für die vielen Kinder gedacht, die in der Verschickung gelitten haben und die unbekannte Anzahl derer, die unter der Verschickung gestorben sind«, erklärte die Aktionsgruppe.

    Als die häufigste Nennung des Leids von Verschickungskindern sind in mehreren Untersuchungen jetzt schon das zwangsweise Einfüttern von Essen und Erbrochenem, und das ­Symptom der Angst vor der Härte und Kälte der Mitarbeitenden nachgewiesen. Als Ursachen vorgekommener Todesfälle fanden sich in den Akten bisher zwei Erstickungen an Erbrochenem in der Lunge, eine Gewalttat (Totprügeln durch andere Kinder), mehrere Unfälle und Krankheiten. Dazu müssten jedoch besonders bei Säuglingen und Kleinstkindern auch psychische Gründe in den Blick genommen werden, darunter auch Hospitalismus. In aufgefundenen Akten aus einem Verschickungsheim für Säuglinge in Schleswig habe es geheißen, »ganze Säuglingsstationen starben uns weg«.
    Immer mehr Erlebnisberichte

    Oft sei gleichzeitig »Unterbesetzung mit Personal und Überbelegung mit Kindern vorgekommen« so Röhl. Das sei in mehreren Akten von der Heimaufsicht immer wieder bemängelt worden. Auch durch »direkten und vorsätzlichen Gebrauch von Gewalt und invasiven Eingriffen bzw. Medikamentengaben« seien »Todesfälle in Kauf genommen worden«. Näheres dazu veröffentlicht der Verein auf seiner Website ­verschickungsheime.de. Forschung hierzu habe bisher noch nicht begonnen, sei aber überfällig.

    Bis 2019 war das vom AEKV genannte »Phänomen der Kinderverschickung« nahezu unbekannt. Die Initiative habe inzwischen jedoch schon »Tausende von Zeugnissen über traumatische Erlebnisse in Kindererholungs-, Kinderkur- und Kinderheilstätten« gesammelt, erklärte Anja Röhl. Sie hat mit ihren beiden 2021 herausgegeben Büchern »Das Elend der Verschickungskinder« und »Heimweh. Verschickungskinder erzählen« das Problem breiter zugänglich gemacht. Erschreckend seien vor allem »verschiedene Demütigungen und Quälmethoden, wie beispielsweise das Aufessenmüssen von Erbrochenem, Toilettenverbot, Strafstehen sowie Hunger- und Durststrafen, sogar schon für Kinder ab vier Jahren.« Belegt sind diese Repressalien mit der wachsenden Zahl von Erlebnisberichten Betroffener, die namentlich gezeichnet oder anonym auf der Website geteilt werden können.

    In all diesen Erfahrungen zeigt sich auch das Erbe »schwarzer Pädagogik« des deutschen Faschismus, die wie anderes Gedankengut der menschenfeindlichen Nazidiktatur in der Gesellschaft wie eine Seuche überleben konnte.

    16. bis 19. November, Bad Salzdetfurth: 5. Fachkongress zur Aufarbeitung Kinderverschickung und zur bundesweiten Vernetzung der Bewegung der Verschickungskinder.
    Hintergrund: Geschäft mit Kinderkuren

    Laut dem Verein AEKV überstiegen die Dimensionen von Verschickungen »jedes Ausmaß«. 1965 berichtete die Bundesregierung, 1963 habe es »839 Kur-, Heil-, Genesungs- und Erholungsheime für Minderjährige« gegeben. Bettenkapazität: 56.608. Davon 43 Prozent in privater Trägerschaft. Pro Heim und Jahr fanden sieben bis acht Kinderkuren statt, im Ergebnis rund 396.000 Verschickungen im Jahr 1963. Im »Boom von über 30 Jahren (1950–1980)« ermittelte der Verein hochgerechnet »mindestens acht Millionen Kuren«.

    Während eines »langsamen Rückgangs der Massenverschickungen« in den 1970er Jahren hätten die Erholungsheime ihre Profite durch Einsparungen und mehr Akquise wettzumachen versucht. Durch schärfere Diagnosevorschriften sei es in den 1980er Jahren jedoch »nicht mehr möglich gewesen, gesunde Kinder nur zur Erholung zu verschicken«. Angesichts vermehrter »schwerer Diagnosen und ›sozialer‹ Indikationen bemühten sich Erholungsheime erfolgreich um den Klinikstatus«. Mit der nicht mehr zuständigen staatlichen Heimaufsicht seien dann auch »viele Vorschriften zugunsten der Kinder« weggefallen. »Bis Ende der 80er Jahre verringerten sich trotzdem stetig die Entsendezahlen«, so AEKV. Auch die Verschickungen in (günstigeren) Sonderzügen der Deutschen Bahn endeten, »und bis zur Mitte der 1990er Jahre erstarb die typische Kinderverschickung«.

    Zur Aufarbeitung des Phänomens konstituierte sich am 21. März in NRW ein erster »Runder Tisch Kinderverschickung«. Nun strebt der Verein für die Millionen Betroffenen einen »Runden Tisch Bund« an, um das Schweigen über das Thema Kinderverschickung zu beenden. Die »Initiative Verschickungskinder« koordiniert mittlerweile die beiden Landesvereine AKV-NRW e. V. und AKV-BW e. V., den Wissenschaftsverein AEKV e. V. sowie weitere Heimort- und Landesgruppen. (jh)

    Den Artikel finden Sie unter: https://www.jungewelt.de/artikel/448217.schwarze-pädagogik-in-kinderkuren-lang-vergessenes-leid.html

    (c) Junge Welt 2023

    https://www.jungewelt.de

    Gefällt 1 Person

  4. Es folgt ein Original-Beitrag aus der »jungen Welt« vom 20. April 2023:
    *
    GEWALT GEGEN KINDER
    Das Schweigen ist gebrochen
    »Kinderverschickungen« in der BRD: Initiative von Betroffenen fordert Aufklärung. Protest vor dem Bundeskanzleramt
    […]
    Die ehemaligen sogenannten Verschickungskinder haben einen Kreis um die verschlissenen alten Lederkoffer gebildet und halten sich an den Händen. Grablichter brennen zwischen den Koffern, die vor dem Kanzleramt im Berliner Regierungsviertel abgestellt wurden. Die Gruppe beginnt leise zu singen: »Wer sich umdreht oder lacht, kriegt die Hucke voll gemacht«.
    Die »Berliner Gruppe Verschickungskinder« hat am Mittwoch (19. April 2023) zur »Aktion Kinderkoffer« vor dem Bundeskanzleramt aufgerufen. Wie viele Kinder in der BRD zwischen Ende der 1940er Jahren bis in die 1990er Jahre auf vermeintliche Kinderkuren geschickt wurden, ist noch nicht genau erforscht. Schätzungen zufolge könnten es zwischen sechs und zwölf Millionen Kinder gewesen sein. Der »Initiative Verschickungskinder« liegen mittlerweile 5.000 Zeitzeugenberichte vor, die Einrichtungen sämtlicher Trägergruppen betreffen, von den Kommunen über private Heimträger und Wohlfahrtsverbände bis zu Krankenkassen und betrieblichen Einrichtungen. Kinderärzte bekamen Prämien von den Krankenkassen, wenn sie Eltern rieten, ihre Kinder in die »Kur« zu schicken. Gründe für den Kuraufenhalt waren unter anderem »Unterernährung«. Prügel, Misshandlung und Vernachlässigung waren für viele an der Tagesordnung. Es gab auch Medikamentenversuche an Kindern und unaufgeklärte Todesfälle.
    »Ich war die allerjüngste in den drei Einrichtungen, in denen mein Bruder und ich im Jahr 1962 waren, ich war erst viereinhalb Jahre alt«, erzählt die heute 65jährige Manuela Güntensberger. Insgesamt seien die Geschwister sechs Monate von ihren Eltern getrennt gewesen. »In dem Heim an der Nordsee ist mein Bruder fast verhungert«, sie schluckt. »Die haben da alles mit Milch gekocht: Milchnudeln, Haferbrei mit Milch, Milchreis. Und mein Bruder mochte keine Milch.« Sie habe ihren nur elf Monate älteren Bruder mehrere Tage vergeblich gesucht, als er endlich wieder im Essenssaal auftauchte, war er apathisch und abgemagert.
    Einmal nach einer langen Busfahrt seien Jungs und Mädchen gemeinsam auf eine Toilette gerannt, weil alle so dringend mussten. »Ein Erzieher hat uns da rausgeprügelt«, sie schüttelt ungläubig den Kopf bei dieser Erinnerung. Mit den Folgen der Verschickung hat die 65jährige bis heute zu kämpfen. Wenn Manuela Güntensberger alleine ist, hospitalisiert sie. Am Rande der Aktion im Regierungsviertel schwenkt sie ihren Kopf hin und her, um es zu demonstrieren. Hospitalismus kann überall dort entstehen, wo Menschen zu wenige oder sehr negative emotionale Beziehungen erhalten. Für dieses Verhalten fördernd ist das Fehlen optischer sowie akustischer Stimulation. »Wenn wir krank waren, wurden wir ganz alleine in einem abgedunkelten Zimmer gelassen«, erzählt die gelernte Krankenschwester.
    Die Initiative fordert eine Bundesbefassung mit dem Thema, die Aufarbeitung der »Kinderverschickung« sei dringend nötig. Eine bundesweite unabhängige Untersuchungskommission müsse endlich die Daten der Initiative ernst nehmen. Neben ihrer Aufklärungsarbeit und der Vernetzung Betroffener, hat sie auch einen Beschluss der Jugend- und Familienministerkonferenz 2020 erwirkt, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, »eine bundesweite Aufklärung der Vorkommnisse gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der ehemaligen Verschickungskinder und den damals involvierten Institutionen beispielsweise im Rahmen eines Forschungsauftrages vorzunehmen«. Auf der Website der Initiative können Betroffene ihre Geschichten aufschreiben.
    Maria Krisinger ist jünger als die anderen. Die 40jährige wurde 1992 wegen Husten und Untergewicht ins »Schloss am Meer« auf der Nordseeinsel Föhr verschickt. »Wir Kinder haben es immer ›Gefängnis am Meer‹ genannt«, sagt sie. Obwohl das Gebäude direkt am Meer lag, erinnert sie sich nur an einen einzigen Strandbesuch in den sechs Wochen »Kuraufenthalt«. Sie habe schreckliches Heimweh gehabt und viel geweint. Einmal musste sie auf dem kalten Kachelboden im Waschraum übernachten, weil sie mit einem anderen Kind während der Bettruhe geflüstert hatte. Jeden Dienstag »durften« die Kinder drei Minuten unter Aufsicht der Erzieher mit ihren Eltern telefonieren. Krisinger brachte eine Lungenentzündung mit nach Hause, die sie wochenlang ans Bett fesselte. Zugenommen hatte sie nicht.

    Den Artikel finden Sie unter:
    http://www.jungewelt.de/artikel/449180.gewalt-gegen-kinder-das-schweigen-ist-gebrochen.html.

    Gefällt 1 Person

  5. Junge Welt vom 27.06.2023.

    »Starker Anstieg bei Zahl der Inobhutnahmen

    Wiesbaden. Die Zahl der Inobhutnahmen in Deutschland ist zuletzt deutlich gewachsen. So nahmen die Jugendämter im vergangenen Jahr über 66.400 Kinder und Jugendliche zu ihrem Schutz vorübergehend in Obhut, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Montag mitteilte.
    Im Vorjahresvergleich stiegen die Zahlen um satte 40 Prozent (rund 18.900 Fälle). Ein Hauptgrund für die Entwicklung sei auch die größere Menge unbegleitet eingereister Minderjähriger aus dem Ausland, erklärten die Statistiker. Die Zahl dieser Fälle kletterte im letzten Jahr sogar um 153 Prozent auf insgesamt 28.600. (dpa/jW)

    Den Artikel finden Sie unter: https://www.jungewelt.de/artikel/453556.starker-anstieg-bei-zahl-der-inobhutnahmen.html«

    Gefällt 1 Person

  6. Pingback: Seit nunmehr 70 Jahren – und jährlich »grüßt das Murmeltier«! | Schramme Journal

Hinterlasse einen Kommentar